Lokalbahn nach Eßling und Groß-Enzersdorf
Aufmerksame LeserInnen der Donaustädter Bezirkszeitung werden es schon bemerkt haben: Die Diskussion über ein leistungsfähiges öffentliches Verkehrsmittel von der Stadtgrenze bis zur geplanten U2-Verlängerung nach Stadlau/Aspern ist voll in Gange.
Die bestehende Buslinie 26A kann bereits heute, also lange vor der U2-Verlängerung, die Fahrgastströme in der Hauptverkehrszeit nur mit Müh und Not aufnehmen. Auch der mehrfach geforderte Schnellbus ist ohne die politisch nicht durchsetzbaren Busspuren nicht imstande, eine adäquate Verbindung zur U1 herzustellen.
Schreckgespenst Cable-Liner
Unvermittelt sehen sich FAHRGAST und der VCÖ Wien voll auf Seiten der Wiener Linien, wenn sie den derzeit stark propagierten "Cable-Liner" durch Aspern und Eßling ablehnen. Ein potenter Großkonzern sucht krampfhaft ein Pilotprojekt für seine Standseilbahn, und Bewohner aus Aspern und Eßling sollen als Versuchskaninchen herhalten - mit gravierenden Nachteilen.
Nachteile eines Cable-Liners in Eßling
- der Cable-Liner ist teurer als eine Straßen- bzw. Lokalbahn;
- der Cable-Liner stellt ein nicht notwendiges Zusatzsystem, welches die Netzsynergien reduziert, dar;
- der Cable-Liner zwingt zum Umsteigen, da eine direkte Weiterfahrt über Aspern hinaus nach Stadlau, Kagran, Donaufeld oder Floridsdorf nicht mehr möglich wäre;
- durch die geringe Anzahl von Stationen und den daraus resultierenden langen Zugangswegen ergeben sich keinerlei Reisezeit- vorteile (Haus-zu-Haus);
- es ist kein ebenerdiger Zugang wegen Hochstationen (2 Stockwerke) möglich, der Aufstieg ist für die Mehrheit der BenützerInnen zeitaufwendig und unattraktiv;
- in den noch ländlich wirkenden Ortskernen dominieren 20 bis 25 Meter breite Stationsgebäude;
- die Doppel-T-Träger-Fachwerktrasse und die minütlich verkehrenden Großkabinen bewirken eine massive Stadtbildstörung und Lichtabschattung.
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Die Alternative
Aus diesen Gründen schlagen FAHRGAST und der VCÖ Wien ein attraktives, leistungsfähiges und raumschonendes Konzept vor, welches das Stadtbild bereichert und die bestehenden Stationsabstände im wesentlichen beibehält - eine tatsächlich zuverlässige Straßenbahn. Wichtig sind uns neben der Verwirklichung eines größtenteils eigenen Gleiskörpers die Bedienung der beiden Ortskerne.
Für Aspern gibt es Lösungen, welche dem motorisierten Individualverkehr (MIV) - sowohl ruhend als auch fließend - kaum Nachteile bringen und daher im heutigen politischen Klima auch durchsetzbar sind. Insbesondere für die Kreuzung am Asperner Heldenplatz bzw. Siegesplatz haben wir eine recht elegante Lösung in petto, die vom stadteinwärts fahrenden Autoverkehr höchstens 10 Sekunden "Vor-Grün" alle 5 bis 6 Ampelumläufe einfordert.
Schwieriger ist die Situation im Ortskern von Eßling. FAHRGAST und der VCÖ Wien erteilen allen Projekten eine entschiedene Absage, die den Straßenbahnverkehr ein- oder zweigleisig in einer nördlichen oder südlichen Paralleltrasse zur Eßlinger Hauptstraße führen wollen. Abgesehen von einem "Vorbeiplanen" am Bedarf (Kirche, Kindergarten, Kaffee-Konditorei, "Dorfgasthof", Arzt und Apotheke an der Hauptstraße) würden solche Lösungen auch auf den heftigen und verständlichen Widerstand der Eßlinger SiedlerInnen stossen, welche keine Straßenbahntrassen zwischen ihren Einfamilienhäusern wollen.
Lösung für Eßling
Für die Engstelle in der Eßlinger Hauptstraße sieht unser Projekt eine für Wien neuartige Gleisverschlingung (eingleisige Strecke ohne Weichen) vor, welche hier eine Straßenbahntrasse ohne Reduzierung der MIV-Leistungsfähigkeit ermöglicht. Auch der Wegfall der Buslinie 26A käme dem Autoverkehr zugute. Im Gegensatz zu den Behauptungen einer bestimmten Bezirkspartei würden keineswegs sämtliche Stellplätze wegfallen, sondern höchstens 20 bis 25 Prozent, für welche ein lokaler Ersatz möglich ist. Durch zusätzliche Fahrgastströme ist eine wirtschaftliche Belebung des Eßlinger Ortskerns zu erwarten.
Unsere Planung sieht die Verlängerung der Straßenbahnlinie 25 zumindest bis zur Stadtgrenze vor, bei entsprechender Kooperation seitens des Landes Niederösterreich ist eine Verlängerung als Lokalbahn bis Groß-Enzersdorf oder weiter leicht möglich, ohne dass wir diese zur Voraussetzung erheben. Erfahrungsgemäß sind bei zuverlässigen schienengebundenen öffentlichen Verkehrsmitteln auf der Straßenoberfläche Fahrgastzuwächse von 15 bis über 30 Prozent zu erwarten.
Helmut Hawel, VCÖ Wien
Stephan M. Kont, FAHRGAST