FAHRGAST - Die Zeitung |
Ausgabe 2/98 - August 1998 |
www.fahrgast.at/z98-2-1.htm - Letzte Änderung dieser Seite am 14.9.1999 (ARK) |
Langsame Schnellbusseoder: Wie man aus einer guten Idee einen Riesenflop machtBegonnen hat alles damit, daß man in der Freudenau ein neues Donaukraftwerk errichtet hat. Dies hatte zur Folge, daß eine Reihe von Brücken gehoben werden mußte, um den Schiffen weiterhin eine Durchfahrt zu ermöglichen. So auch die Praterbrücke. Da aber die Praterbrücke ein Teil der am stärksten befahrenen Straße Österreichs, der berühmt-berüchtigten Südost-Tangente, ist, mußte man trotz der Bauarbeiten die Automassen irgendwie über die Donau und wieder zurück bringen - möglichst ohne einen Verkehrsinfarkt in ganz Wien auszulösen. Also baute man ein paar Meter stromaufwärts eine neue Brücke - die Donaustadtbrücke. Da es etwas aufwendig wäre, nur einer Baustellenumleitung wegen eine neue Donaubrücke zu bauen, mußte eine vernünftige Nachnutzung her. Und ein paar findige Köpfe meinten, daß doch die U-Bahn drüberfahren könnte. So weit, so gut - nur gibt es in der ganzen Umgebung keine dafür geeignete U-Bahn-Linie. Kein Problem - dann bauen wir eine, egal wie sinnvoll das ist. Darüber haben wir schon in unserer FAHRGAST-Ausgabe 4/97 berichtet. Eine gute Idee...Nun wird es halt noch eine Weile dauern, bis der erste U-Bahn-Zug vom Schottenring bei der Donaustadtbrücke einlangt, also wurde - quasi als Vorgriff auf die U-Bahn - die Idee der Schnellbusse geboren. Zugegeben, das klingt gut: Der leidgeplagte Fahrgast, welcher von Aspern in die Innenstadt "beinahe eine Ewigkeit" benötigte, steigt nun in den Schnellbus, welcher ihn ruck-zuck am Tangentenstau vorbei zur U3 nach Erdberg bringt, von wo er in 10 Minuten in der Stadt ist. Das ist schon was ganz anderes, als mit dem 83A oder 84A im Stau auf der Praterbrücke zu stecken oder mit dem 26A nach Kagran zur U1 zu zuckeln (von der S80, die alle heiligen Zeiten einmal zum Südbahnhof fährt, nicht zu reden). Da die Donaustadtbrücke naturgemäß nicht bei der U3, sondern am Handelskai endet, müssen sich die Busse noch kurvenreich durch den Prater schlängeln. Dieser Nachteil sollte dadurch wettgemacht werden, daß die Stadionallee für den gesamten Individualverkehr gesperrt wird. Doch die Ernüchterung kam bald. Die Schnellbusse entpuppten sich als die bestehenden Linien 83A und 84A, die statt über die Praterbrücke halt über die Donaustadtbrücke fahren. Nicht nur das: der 84A bekam sechs zusätzliche Haltestellen hinzu und muß nun sechs zusätzliche Ampeln passieren. Die Trasse der Straßenbahnlinie 21 wird dabei zweimal überquert und die Planfahrzeit verlängerte sich von 22 auf 27 Minuten. Die Intervalle blieben jedoch gleich: alle 15 bzw. 30 Minuten der 83A, alle 15 Minuten der 84A. Lediglich in der Früh und am Nachmittag verkehrt letzterer nun alle 7½ Minuten - allerdings nur von Montag bis Freitag. Und - schmähohne - die Verkehrsbetriebe warben doch schwarz auf weiß damit, daß man mit nur zwei Mal umsteigen (!) von der östlichen Donaustadt ins Zentrum gelangen könne... ...zum Scheitern verurteiltDoch damit nicht genug. Das nächste Unheil kam in Gestalt des Umweltstadtrates (sic!) Fritz Svihalek auf die Möchtegern-Schnellbusse zu. Zwei Tage vor der Streckenänderung verfügte er, daß die Stadionallee nicht für den MIV gesperrt werden dürfe! Der Grund waren einige Proteste von Autofahrern, die vor allem im ARBÖ ein Sprachrohr gefunden haben. War eigentlich keine ungeschickte Aktion dieser Leute, denn der Präsident des ARBÖ heißt - erraten - Fritz Svihalek! Daß von Seiten der Anrainer nach dieser Entscheidung wesentlich heftigere Proteste kamen, wurde geflissentlich ignoriert. Und was passiert, wenn sich fünf Buslinien und der MIV in der Hauptverkehrszeit eine Straße durch den Prater teilen? Genau! Rien ne va plus - nichts geht mehr! Die "Schnellbusse" bestanden die Feuerprobe am Montag in der Früh unter diesen Umständen natürlich nicht. Sie steckten im Stau, zwar nicht auf der Tangente, aber in der Stadionallee. Immerhin - abschnittsweise wurden sogar Busspuren in der Stadionallee angelegt. Sie haben bloß den winzigen Nachteil, daß sie genauso breit wie die Busse (aber ohne Außenspiegel) sind. Wien ist anders - wie wahr! Trotzdem ist es besserSeitdem ist bereits einiges Wasser die Donau hinuntergeflossen und die Lage hat sich normalisiert. In den Spitzenzeiten sind die Verspätungen, die 20 Minuten (oder mehr) ausgemacht haben, praktisch auf 0 bis 5 Minuten reduziert worden. Die Fahrgastzahlen sind teilweise um bis zu 50 % gestiegen. Trotz aller Widrigkeiten hat sich diese Lösung bewährt. Allerdings nur in der Hauptverkehrszeit. In der restliche Zeit ist durch die längere Fahrzeit eine Verschlechterung eingetreten. Auch funktioniert in der Haltestelle Mühlwasserstraße der Anschluß vom 91A nicht, da dieser die U1 abwarten muß und daher oft leicht verspätet an der Leider-doch-nicht-Umsteigehaltestelle eintrifft.. Nun wurde der Vorschlag gemacht, außerhalb der HVZ die Busse wieder über die Tangente zu schicken. Aber die Unflexibilität der Wiener Linien verhindert dies. Außerdem müßte dann für diese Busse weiterhin die Maut-Vignette gelöst werden, was natürlich neben den Kosten auch eine Einschränkung im Fuhrparkmanagement bedeutet. Für die Fahrgäste wäre es trotzdem die bessere Lösung. FAHRGAST fordertDa diese "Schnellbusse" nicht wirklich als solche bezeichnet werden können, fordert FAHRGAST:
Mehr Platz für Autos im Naturschutzgebiet PraterÜbrigens: derzeit wird die Tangente im Bereich der Prater-Hochbrücke verbreitert. Da diese Autobahn mitten durch ein Naturschutzgebiet führt und dafür Bäume geschlägert werden mußten, wurde einfach still und heimlich das Wiener Naturschutzgesetz geändert. Diese Verbreiterung kommt dem ÖV jedoch nicht zugute. Wie leicht hätte man in jeder Fahrtrichtung eine Busspur (auch für Einsatzfahrzeuge) einrichten können! Eine Lösung, welche eine wirkliche Beschleunigungsmaßnahme bedeutet hätte. Aber das hätte ja den Autofahrern weh getan, weil sie in Zukunft nicht achtspurig stauen könnten. Andreas René Klement
Web-Tipp: Wienplan - Wiener Linienpläne |
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